Leidenschaftliche Interpretation
Orchester am Singrün brillierte beim Jubiläumskonzert in Wöllershof in bisher größter Besetzung
Wöllershof. (apz) "Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass wir nach diesem ,schweren Schinken',
der siebten Bruckner-Sinfonie, keine Zugabe mehr geben können - wir sind ganz erledigt", seufzte Dirigent
Lutz Landwehr von Pragenau beim rauschenden Schlussapplaus des Publikums.
350 Zuhörer genossen am Samstag das Jubiläumskonzert des seit 20 Jahren bestehenden Regensburger Orchesters
am Singrün im Festsaal des Bezirkskrankenhauses mit Werken von Wagner und Bruckner. Die 73 leistungsstarken
und erfahrenen Musiker glänzten in der bisher größten Besetzung ihres Laienensembles durch einen harmonisch
runden Orchesterklang und leidenschaftliche Interpretation.
"Dirigent des Hauses"
Die treue "Fangemeinde von Wöllershof" hatte Ärztlicher Direktor Dr. Heribert Fleischmann zum sechsten
Orchesterkonzert (stets unterstützt von den Vereinigten Sparkassen) mit der therapeutischen Formel "Musik macht
die Seele frei" begrüßt. Der Chefarzt amüsierte das Stammpublikum, als er Maestro Pragenau mit einem Freud'schen
Versprecher schon als "Dirigent des Hauses" vorstellte. Bezirkstagspräsident Rupert Schmid wurde von Fleischmann
erstmals beim Konzert im Festaal und als Garant für die Psychiatrie in der Nordoberpfalz und speziell für den
Standort Wöllershof willkommen geheißen.
Doch zunächst eröffneten ätherisch zarte Geigenklänge das Konzert, denen maßvoll langsam das ganze Orchester in
Wagners "Lohengrin" Vorspiel beitrat, das mit seiner Gralsschilderung eine bezaubernd fesselnde Wirkung auf die
Zuhörer ausübte. Unter Leitung der 22-jährigen Medizinstudentin Eva Strohmeier bestachen die Streicher durch hohes
und klangreines Niveau. Zu Beginn und Ende des Wagner-Stücks brillierte die erste Geigerin gemeinsam mit Michaela
Gröber, Gisela Kandler und Franz Isemann bei filigranen Tonbildern.
Dirigent von Pragenau, selbst Gründungsmitglied des Orchesters, in dem er früher als Oboist mitwirkte, inspirierte
seine aufmerksamen Musiker und faszinierte die Konzertgäste durch seinen von intensiver Körpersprache dominierten
Stil, mit dem er das Orchester nicht nur vor großen Steigerungen im Tutti zum fortissimo lebhaft anzuspornen weiß.
Unermüdliche Leidenschaft
.
Den monumentalen wie zeitlichen Schwerpunkt des Konzerts bestritt Bruckners siebte Sinfonie von mehr als einstündiger
Dauer. Das von der Trauer über den Tod Richard Wagners in Venedig bestimmte Stück setzte das Jubiläumsorchester in
einer grandiosen Leistung klangmalerisch um. Alle Fraktionen, die Holzbläser, das stark besetzte Blech (inklusive
vier speziell besorgter Wagnertuben) und der an drei Kesseln oft geforderte Paukist boten bewundernswerte Leistungen.
Im Allegro moderato bestimmten die samtig weichen Celli und die Hörner das Geschehen, gefolgt vom trauernden
Adagio, das sich dynamisch und voller C-Dur-Licht zu einem Triumph aufmachte. Auch das gefährliche Unisono der
Streicher im Scherzo wurde nicht zur Intonationsfalle, sondern in sicherer Schönheit ausgeführt. Im themenreichen
Finale verblüfften die Musiker durch unermüdliche Leidenschaft.
(Abdruck aus Der Neue Tag Weiden, 13. März 2006)