Nittenau
Orchester am Singrün unter Leitung von Lutz Landwehr von Pragenau in der Regentalhalle
Nittenau. Die Regentalhalle in Nittenau dient vielseitigen Zwecken. Da ist es nur folgerichtig, dass sie auch als "Regental-Philharmonie" bezeichnet werden darf, wenn ein Symphonieorchester mit 90 Mitgliedern in ihr ein Gastspiel gibt. Und dies auf hervorragende Weise, wie am Sonntagabend geschehen.
Weder das Ensemble, das Orchester am Singrün, noch sein Leiter Lutz Landwehr von Pragenau sind in Nittenau unbekannt. So waren denn die Erwartungen der zahlreich erschienenen Zuhörer hoch, noch zusätzlich angespitzt durch das interessante Programm mit einer gelungenen Mischung aus einem selten gespielten, einem etwas öfter aufgeführten, sowie einem sehr bekannten Werk.
Nicht ganz unbekannt sind jedenfalls die "Symphonischen Tänze (über norwegische Motive) für großes Orchester" op 64 von Edvard Grieg. Norwegische Volksweisen sind ein wesentlicher Bestandteil von Griegs Schaffen, sie prägen die melodische Gestaltung, sie inspirieren sowohl die tänzerische Form wie auch den satten Orchesterklang. Tanz Nr.1 erklang mit forscher Umrahmung eines elegischen Mittelteils, Nr. 2 gab Oboe und Harfe Raum für eine klangvolle Melodie und deren auch vom Orchester behutsam intonierten Begleitung, Nr. 3 gar brachte einen Walzer in norwegischem Klangbild, also weit entfernt von Wiener Vorstellungen. Und alles das vermochte der Dirigent glaubhaft mit seinem Klangkörper den Zuhörern zu vermitteln.
Das Violakonzert von William Walton entstand 1929, also mitten in einem Zeitraum, in dem englische Komponisten weltweit mit neuen Werken auf sich aufmerksam machten. Es gibt nur wenige Solostücke für dieses Instrument, man hört Waltons Werk sehr selten. Umso bedeutsamer war die Aufführung in Nittenau, in der Bratschist Hilmar Kupke sein Können nicht allein in virtuoser Manier, sondern vor allem auch im Einsatz der Virtuosität für die musikalischen Aussagen des Komponisten zeigte und damit die Zuhörer mitriss. Gespielt wurde die Version des Konzerts von 1962, die der Komponist neu instrumentiert hat und in der die Harfe eine wichtige Rolle spielt.
Immer aber gestaltet die Viola die Themen, sei es im ersten Satz mit festen Passagen, die sich mit Umspielungen in weichen Doppelgriffen abwechseln, sei es im "Vivo" das stetige Vorwärtsdrängen ohne Ruhepunkt. Das Finale schließlich ist geprägt von ständigem Taktwechsel, das ganze Orchester tobt in gewaltiger Steigerung, aber zum Schluss zu ist der Solist fast alleine mit den letzten Tönen. Und er weiß sie wunderbar einfühlsam zu gestalten. Nach der Pause dann die Symphonie Nr. 4 d - moll op 120 von Robert Schumann, ein 1841 geschriebenes Werk, das in der Romanze sogar einer Gitarre eine begleitende Funktion zuweist, dann aber verändert wird und in der 1851 veröffentlichten Fassung bis heute zur Aufführung kommt.
Die Symphonie gilt als Schumanns sinfonisches Meisterwerk und wird oft gespielt. Das Orchester am Singrün interpretierte die vier ohne Pause aufeinanderfolgenden Sätze in der Emphase, die diesem Sinnbild der Romantik angemessen ist, wobei von der Wehmut des Anfangs bis zum freudestrahlenden Ausklang des Werks alle Facetten erfasst und gestaltet wurden.
Wenn gesagt wird, dass die Mitglieder des Orchesters am Singrün "neben ihrer musikalischen Leidenschaft auch noch einen ehrbaren Beruf ausüben", so heißt das, dass sie neben ihrer Berufstätigkeit eine (weitere) Leidenschaft haben, nämlich die Musik. Und wenn man diesem Orchester zuhört, dann glaubt man das.
Sobald dazu ein kundiger Dirigent wie Lutz Landwehr von Pragenau mit derart motivierten Musikern Werke interpretiert, dann kann man nach dem daraus resultierenden musikalischen Genuss nur hoffen, dass die Musiker bald wieder in die "Regental-Philharmonie" Nittenau kommen werden.
(aus: Oberpfalznetz.de)KONZERT Ein berauschender Bogen klassischer Musik wartete auf die Besucher in der Regentalhalle.
von Marion Lanzl
NITTENAU. „Willkommen bei Regensburgs bekanntem Laienorchester“ hieß es am vergangenen Sonntag zum siebten Mal in der gut besuchten Regentalhalle. Ein musikalisches Highlight, das seines gleichen suchen muss, erlebten die begeisterten Musikliebhaber bei einemhöchst anspruchsvollem Programm mit Werken von Edvard Grieg, William Walton bis Robert Schumann.
Evergreen in NittenauSchon zumEvergreen sind die Konzerte des Orchester am Singrün aus Regensburg in den vergangenen Jahren in Nittenau geworden. Bürgermeister Karl Bley freute sich über die wachsende Fangemeinde, die sich das Laienorchester, wie es sich selbst bescheiden nennt, seit ihrem ersten Auftritt erspielt hat. Die Herausforderung höchst anspruchsvoller Stücke nie scheuend, weil sie wissen, dass ihre Passion sie über technische Schwierigkeiten und künstlerische Stolperfallen hinweg trägt, war auch diesmal das Programmhochkarätig.
Vermissten 2004 manche Kenner des Fachs noch gewisse Intonierung bei den Streichern, so konnte die ambitionierte Truppe die Gäste nun voll überzeugen. Im Gegenteil: Die homogene Streicherfülle verblüfft bei einem Orchester aus Leidenschaft. Die „Symphonischen Tänze“, die das Orchester spielt, gehören zum Besten aus Griegs Schaffen. Grieg entführt, wie so oft, in seine mystische Welt der nordischen Geister, des norwegischen Gemüts. Den aufwühlenden, rhythmischen Parts der Bläser folgen sanfte Weisen der Harfe. Ein delikates Klarinettensolo in Moll, weich umspielt von Oboen, entspannt den Zuhörer. Lutz Landwehr von Pragenau geleitet „sein“ Orchester mit soviel Leidenschaft und Hingabe durch den musikalischen Abend, dass auch der Zuhörer die körperliche Anspannung gleichsam miterlebt.
Als er das Podium betritt, wirkt er eher wie ein Schüler, als ein internationaler Geiger. Doch kaum setzt der 1967 in Sachsen geborene Hilmar Kupke seine Viola an, ergreift das Publikum endgültig Ehrfurcht vor dem virtuosen Spiel. Das Viola-Konzert von William Walton wird zum Klangerlebnis. Präzise und sensibel in den Tempis, schaukeln sich Orchester und Solist gegenseitig zu höchstem Niveau. „Wundervoll“ und „unglaublich, höchst professionell und fantastisch“ war da in der Pause zu hören. Die meisten Gäste kommen immer wieder. So auch Ilse Steiner, Ingrid Stellwaag und Karl Bauer aus Bruck, auch sie sind wieder begeistert.
Eine kleine EnttäuschungEine bravourös gespielte Version der 4. Symphonie, die Nittenau nach der Pause in vier Sätzen in seinen Bann zieht. Das Publikum tobt und steigert frenetisch das Lob, als der Dirigent den Applaus auf einzelne Gruppen des Klangkörpers lenkt. Besonders tosenden Beifall erntet ein sehr junger Mann für seinen hoch konzentrierten und souveränen Einsatz. Sowohl an den imposanten Pauken als auch am filigranen Triangel überzeugte Christian Janker professionell.
Trotz stehender Ovationen musste der Dirigent das Publikum jedoch enttäuschen: „Wir haben keine Zugabe dabei“, erklärte er. „Nach der gelungenen Präsentation solch hart und langwierig erarbeiteten, schweren Stücke, noch schnell mal einen Tschaikowski oder Ravell drauf zu setzen, würde denen nicht gerecht werden und den wundervollen Eindruck des Abends eher mindern.“
Wohl wahr, war doch sichtlich bei allen Besuchern dieser einzigartige, innerliche Gleichklang, den nur leidenschaftliche Musik in bester Qualität hinterlässt, bereits vorhanden. Als hätte das Orchester den akustischen Müll der täglichen Radioberieselung durch sein Spiel gelöscht und die innere Ruhe gleich einer bereinigenden Software wieder „aufgespielt“. Den Wunsch einer Besucherin nach „Ravell‘s Bolero“ muss sie dem Orchester wohl für das nächste Rendezvous ins Gästebuch ihrer Website schreiben.
(aus: MZ im März 2012)