Das Orchester am Singrün zeigte sich beim Frühjahrskonzert in Hochform und wurde mit seinem Solisten Hilmar Kupke begeistert beklatscht
Von Gerhard Dietel, MZ
Regensburg. Kein Geringerer als Paul Hindemith war es, der im Jahre 1929 als Solist bei der Uraufführung von William Waltons Violakonzert auf dem Podium stand. An diesem Abend im Regensburger Audimax ist es Hilmar Kupke, erster Bratscher des Regensburger Philharmonischen Orchesters, der die Rolle des Protagonisten übernimmt und zusammen mit dem Singrün-Orchester ein leidenschaftliches Plädoyer für das wenig bekannte, in seiner Musiksprache zwischen später Romantik und Moderne stehende Werk führt. Über abgedunkelter Streicherbegleitung lässt Walton das Soloinstrument unmittelbar zu Wort kommen: mit breit strömendem Gesang, der gelegentlich in höhere Lagen aufblühen, sich zur Mehrstimmigkeit erweitern oder in den Dialog mit einzelnen Orchestergruppen eintreten darf. Berührend ist es, wie Hilmar Kupke der herben Schönheit dieses schwermütigen Melos Gestalt gibt, mit welchem das Konzert auch wieder, in einem breiten Ausatmen, schließt.
Dazwischen freilich, vor allem im zweiten Satz, scheinen Orchester und der mit kniffligen Aufgaben beschäftigte Solist von der Getriebenheit der Gegenwart erfasst: In unablässigem Vorwärtsdrang mischen sich auch jazzige Anklänge in Waltons Musiksprache. Hilmar Kupke, nach seinem Auftritt vom Publikum wie den Musikern auf dem Podium für seine bravouröse Leistung gefeiert, demonstriert in einer Zugabe die Kunst der Polyphonie auf seinem Streichinstrument: mit einem von der Geige auf die Viola übertragenen Andante-Satz Johann Sebastian Bachs.
Lutz Landwehr von Pragenau am Dirigentenpult hat nicht nur hier, sondern auch schon bei den vorangegangenen „Symphonischen Tänzen“ op. 64 von Edward Grieg mit deutlich sprechender Zeichengebung die Aufführung fest im Griff. Schneidig, mit markigen Akzenten lässt er das Orchester musizieren und treibt es mit weit ausholenden Bewegungen wie ein Schlachtenlenker zu präzis herausgearbeiteten Höhepunkten. Zwischen Keckem und rhythmisch Gepfeffertem scheint jedoch auch viel Lyrisches auf: oft durch die Holzbläser intoniert, die elegische und bukolische Zwischentöne setzen.
Eine Interpretation von Schumanns „Vierter“ beschließt das Programm. In großer Besetzung tritt das bei Waltons Konzert ausgedünnte Singrün-Orchester nun wieder auf und entwickelt in ungestümem Vorwärtsdrang einen betont wuchtigen und kantigen Klang, in dessen Mitte nur die „Romanze“ als zeitweiliger Ruhepunkt wirkt. Wie ein Föhnsturm fegt die Musik durchs Audimax, und das durchaus der Partitur angemessen, wenn man sich erinnert, dass die erste Fassung des Werks in unmittelbarem zeitlichem Gefolge der „Frühlingssinfonie“ entstand.
Nicht nur das Singrün-Orchester zeigt sich an diesem Abend in Hochform, sondern auch sein seit Jahren treues Publikum. Applaus und zustimmende Pfiffe, Juchzer und Johlen sind das Echo auf das beherzt zupackende Musizieren sämtlicher Orchestermitglieder. Nichts anderes bleibt Lutz Landwehr von Pragenau bei so viel Zustimmung übrig, als das komplette Finale der Sinfonie noch einmal zu spielen.
(Meldung vom 26.03.2012)